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Campingplatz-Aufregung und Hitze-Hysterie
Ach, der Campingplatz – ein Ort der Ruhe und Entspannung. Zumindest in der Theorie. In der Praxis sah das bei uns nämlich ein bisschen anders aus. Schon bei der Ankunft merkte ich, dass das «zur Ruhe kommen» hier eine echte Herausforderung werden würde. Die Hitze war drückend, und ich hatte keine andere Wahl, als alle Fenster und Türen offen zu lassen. Das bedeutete natürlich auch, dass Lina den ganzen Tag draussen war. Und wenn Lina draussen ist, dann ist sie auch wirklich draussen.
Lina ist ein Hund mit einem scharfen Blick und einem noch schärferen Gehör. Wenn sich in 100 Metern Entfernung ein Mensch bewegt, dann sieht sie das. Wenn irgendwo in der Nähe ein Rentier herumschleicht, dann merkt sie das. Und wenn ein Blatt vom Baum fällt, dann – na ja, ihr wisst schon. Sie hat eine Aufmerksamkeitsspanne, die die eines Überwachungskamerasystems übertrifft. Daher war es für sie fast unmöglich, mal so richtig runterzufahren. Ruhe? Fehlanzeige.
Ich selbst war auch nicht gerade in der besten Stimmung. Die Hitze setzte mir zu. Ich meine, ich bin ja nicht so weit in den Norden gefahren, um bei 30 Grad im Schatten zu schwitzen! Das hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt. Aber da stand ich nun, griessgrämig und verschwitzt, auf einem wirklich netten Campingplatz, der einen kleinen Wald und einen direkten Zugang zu einem See bot. Für 15 € pro Nacht war der Platz auch wirklich günstig, aber eben auch recht spartanisch ausgestattet (keine Dusche, Plumpsklo).
Die Nächte waren ein Kapitel für sich. Schlafen war solala, weil es nachts kaum unter 20 Grad abkühlte und ich die Jalousien nicht schliessen konnte (dann kommt keine Luft mehr durch), hell war es also auch. Und dann waren da noch die Rentiere, die selbstverständlich an ALMI vorbeizogen. Lina bemerkte das natürlich sofort und bellte begeistert los. So viel zum Thema «erholsamer Schlaf».
Aber es gab auch Lichtblicke. Der See war eine wahre Wohltat. Wir konnten baden, wann immer wir wollten, und uns so von der Hitze abkühlen. Es war herrlich, einfach ins kühle Nass zu springen und für einen Moment alle Sorgen zu vergessen. Wir zeigten auch unser wahres Campingverhalten: Sonnenstore draussen, Tisch und Stuhl aufgestellt, Strandmatte ausgerollt – das volle Programm.
Trotz der Herausforderungen hatten wir unsere Momente der Entspannung. Es war vielleicht nicht die idyllische Ruhe, die ich mir erhofft hatte, aber es war ein Abenteuer, das ich so schnell nicht vergessen werde. Und wer weiss, vielleicht gewöhne ich mich ja irgendwann an die Hitze. Oder an die Rentiere. Oder an Linas unermüdliche Wachsamkeit. Aber bis dahin geniesse ich einfach die kleinen Freuden des Campinglebens und nehme es mit Humor.
Im Restaurant beim Campingplatz gab es schönen Schmuck zu kaufen, der in der Nähe gefertigt wird. Ich konnte nicht widerstehen… Die Ohrringe haben den klingenden Namen «Mitternachtssonne». Gefallen sie euch?
Abkühlung, Bärenhöhlenstein und Mückenmassaker
Endlich, die zweite Nacht brachte die erhoffte (kleine aber immerhin) Abkühlung! Ich konnte tatsächlich bis 8:00 Uhr schlafen, ohne alle 30 Minuten schweissgebadet aufzuwachen. Ein kleiner Sieg gegen die Hitze! Nach einem gemütlichen Morgenspaziergang mit Lina – der wieder mit Rentieren bereichert war – machten wir uns auf den Weg weiter Richtung Süden.
Die Fahrt war ein wahres Naturerlebnis. Die letzten 100 Kilometer schienen nichts anderes als endlose Wälder und spiegelglatte Seen zu bieten. Manchmal fragte ich mich, ob wir uns im Kreis drehten, aber die vereinzelten Hausnummern und Briefkästen an den Zufahrtsstrassen gaben mir zumindest ein wenig Orientierung.
Unterwegs hielten wir am berühmten Bärenhöhlenstein1. Nun ja, «berühmt» ist vielleicht etwas übertrieben, aber er war an der Strasse gross angeschrieben. Der Besuch war ganz okay, aber ehrlich gesagt war mir die Menschenmenge dort etwas zu viel. Ich dachte, ich wäre hier im hohen Norden, um der Zivilisation zu entfliehen, und nicht, um mich in den Menschenmengen zu verlieren.
Weiter ging’s zu einem wirklich abgeschiedenen Platz am Fluss – ein kleines Paradies im Nirgendwo. Am Nachmittag wehte eine angenehme Brise, die uns vor den gefürchteten Mücken schützte. Es war herrlich: kein Summen, kein Jucken, einfach nur Ruhe und Natur. Doch gegen 21:30 Uhr änderte sich das Bild dramatisch. Die Mücken kamen in Scharen, als hätten sie nur auf uns gewartet. Und seit etwa 19:00 Uhr war es absolut windstill – natürlich genau dann, wenn man die Brise am meisten brauchte.
Jetzt ist es nach 22:00 Uhr, und die Sonne steht noch immer am Horizont und heizt unser mobiles Zuhause, ALMI, ordentlich ein. Wer hätte gedacht, dass ich so weit im Norden besonders «nachts» mit der Hitze zu kämpfen hätte?
Während ich hier sitze, schwanke ich zwischen dem Wunsch, mich in den kühlen Fluss zu stürzen, und der Angst, von Mücken zerstochen zu werden. Lina scheint das alles weniger zu stören – sie hat es sich unter ALMI gemütlich gemacht und schnarcht leise vor sich hin.
Und so endet ein weiterer Tag unseres turbulenten Reiseabenteuers. Die Natur zeigt uns immer wieder ihre unerwarteten Seiten, und ich nehme es mit Humor – auch wenn ich mich manchmal wie ein menschlicher Mückenmagnet fühle. Bleibt dran für die nächsten Kapitel unserer verrückten Reise, voller Überraschungen, Lacher und hoffentlich bald wieder etwas kühlerer Nächte!
Von Müllbergen, Wanderparkplätzen und Weihnachtswunderland
Nun, ein bisschen weiter südlich, gab es endlich wieder etwas mehr Infrastruktur. Entlang der Strassen tauchten in regelmässigen Abständen Cafés, kleine Ortschaften und auch Tankstellen auf. Doch eines schien im hohen Norden Finnlands Mangelware zu sein: Mülleimer. Die letzten 100 Kilometer waren gespickt mit Parkbuchten und Rastplätzen, doch nirgendwo war ein Mülleimer zu finden. Erst kurz vor Rovaniemi entdeckte ich zwei Mülleimer, die jedoch hoffnungslos überfüllt waren. Offensichtlich war ich nicht der Einzige mit diesem Problem.
Wir kamen zügig voran, denn es ging meistens geradeaus, und oft durfte man sogar 100 km/h fahren. Die Natur war zwar schön, aber weniger abwechslungsreich als in Norwegen. Es war eine endlose Abfolge von Wäldern, unterbrochen von gelegentlichen Seen oder Flüssen.
Unterwegs landeten wir zufällig auf einem Wanderparkplatz im Wald. Da es so warm war, beschloss ich, hier eine Pause einzulegen. Wie es das Schicksal wollte, zog sich diese Pause bis in die Nacht hinein, und wir übernachteten dort. Um etwa 21:30 Uhr gab es ein kleines Gewitter, das zumindest für eine minimale Abkühlung sorgte. Aber ich schätze, es kühlte nicht unter 20 Grad ab.
Gedanken: DAB-Radio und eine Spinne
In Finnland werde ich kein Gas finden, aber ich habe herausgefunden, dass es in Schweden eine Tankstelle gibt, an der ich sogar vorbeikomme (Spoiler!). Welch ein Zufall! Dafür funktioniert mein DAB-Radio hier in Finnland nicht, es findet keinen einzigen Sender. Stattdessen gibt es nur FM-Sender. In Norwegen war es genau umgekehrt: nur DAB, kein FM. Und dann ist da noch die Spinne, die immer noch am Rückspiegel hängt. Ich habe das Gefühl, dass sie schon seit Beginn unserer Reise mitfährt. Ich glaube sogar, sie ist mir schon zu Hause oder zumindest ganz am Anfang aufgefallen. Wie alt werden Spinnen eigentlich?
Das Weihnachtsmanndorf am Arctic Circle
Der nächste Morgen brachte uns bei sommerlicher Hitze ins Weihnachtsmanndorf bei Rovaniemi. Die meisten Shops hatten noch geschlossen, und daher war es angenehm ruhig. Wären die Geschäfte geöffnet gewesen, wäre es mit Lina sicher nicht so geeignet gewesen. Das Weihnachtsmanndorf ist ein grosser Kommerz, das war mir schnell klar. Besonders skeptisch stehe ich den Attraktionen mit Tieren gegenüber, wie dem Besuch bei den Schlittenhunden oder dem Rentier des Weihnachtsmanns. Da ich jedoch nichts davon gemacht habe, kann ich es nicht sachlich beurteilen.
Wir sind nun wieder südlich des Polarkreises, was mich etwas wehmütig stimmt. Die Nächte sind allerdings immer noch sehr kurz resp. fast nicht vorhanden oder zumindest nicht so, dass ich sie wahrnehme. Bleibt dran für mehr Geschichten aus dem hohen Norden – wer weiss, was uns als nächstes erwartet! Das nächste Ziel ist schon geplant, aber mehr verrate ich noch nicht 😉.
- Der Bärenhöhlenstein – Finnlands grösster Tafone: Der Bärenhöhlenstein ist ein am Hang des Myössävaara liegender Findling, in dessen Innerem sich ein Hohlraum von etwa zwei Meter befindet. Diese seltsame Naturformation hat die Phantasie der Menschen beflügelt und viele Legenden entstehen lassen. Der Legende nach hat der Finder des Felsens eine stürmische Winternacht im Schutz der Höhle zugebracht und erst am nächsten Morgen bemerkt, neben einem im Winterschlaf befindlichen Bären geschlafen zu haben.
Als Tafone bezeichnet man einen durch Gesteinsverwitterung entstandenen Hohlraum im Fels oder in einem Felsblock (Quelle: Infotafel beim Parkplatz). ↩︎